Mit einer 360°-Virtual-Reality-Erfahrung verneigt sich der WDR vor einem wichtigen Kapitel der Geschichte Nordrhein-Westfalens und macht zudem weitere Gehversuche in eine mögliche mediale Zukunft.
Hinter den Kulissen
- Realisation: Stefan Domke, David Ohrndorf
- Redaktion: Thomas Hallet
- Leitung: Stefan Moll
- Sprecher: Sabine Heinrich, Peter Nottmeier (WDR)
- Kumpel vor der Kamera: Uwe Hölting, Andreas Schreiter, Holger Stellmacher (RAG) Aufnahmeleitung WDR: Dirk Meffert
- Produktion WDR: Simone Clever, Torsten Fischer, Bettina Stein
- Producer: Michelle Blum (WDR)
- 360°-Audio: Matthias Fuchs (WDR)
- Recherche: Heinz Greuling (WDR)
- Audio-Regie: Martin Zylka (WDR)
Bergbau ist ein wichtiger Bestandteil der Geschichte Nordrhein-Westfalens. 2018 ist jedoch das Jahr der Zechenschließungen. Der WDR schlägt anlässlich dessen mit einem neuen Projekt zwei Fliegen mit einer Klappe: Er kommt seinem regionalen Bildungsauftrag nach, indem er den Bergleuten und der Bergbaukultur ein mediales Denkmal setzt, zugleich treibt er die Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Medienangebots weiter voran – denn besagtes Denkmal kommt in Form einer Virtual-Reality-Erfahrung daher. VR-Projekte sind deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern nicht fremd,
so arbeitete das ZDF zusammen mit arte an einer fiktionalen Serie, die in Jerusalem spielt. Dessen ungeachtet ist VR, um weiter an einem überreizten Begriff zu graben, noch relatives Neuland – und daher ist jede neue VR-Produktion als ein weiterer Beitrag darin zu sehen, VR als breites mediales Bildungs- und Unterhaltungswerkzeug zu etablieren, statt VR erneut als kurzfristigen Hype untergehen zu lassen.
Insofern ist «Bergwerk 360° VR» ein ungewöhnliches Zusammentreffen zwischen NRW-Historie und potentieller Medienzukunft. Das VR-Erlebnis lässt Leute virtuell in das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop eintauchen, bei dem am 21. Dezember 2018 endgültig Schicht im Schacht ist. «Bergwerk 360° VR» lässt Neugierige das Bergwerk auf verschiedene Weisen erkunden: Mit einer Seilfahrt in Echtzeit, einem Rundgang mit Steiger Andy, einer Tour mit der berühmten "Dieselkatze" (einer Einschienenhängebahn) oder bei einem exklusiven Konzert des Ruhrkohle-Chors. Auch eine "Zeitreise" ins Jahr 1918 ist möglich, um und die Arbeitsbedingungen der Kumpel zu jener Zeit zu spüren.
Um dies zu erreichen, hat das WDR-Team mehr als 15 Tage unter und über der Erde gedreht und anschließend mehr als ein Jahr an der 360°-Erfahrung gearbeitet. Für den Dreh musste aus Sicherheitsgründen eine Sondergenehmigung eingeholt werden, da elektrische Kameras unter Tage normalerweise nicht gestattet sind: Schon ein einziger Funke könnte eine Methangasexplosion auslösen.
Die Möglichkeit, spezielle Spezialgehäuse zu entwickeln, kam aufgrund der langen Entwicklungszeit und dem nahenden Ende der Bergbau-Ära nicht in Frage. Also wurde eine behördliche Ausnahmegenehmigung eingeholt, die diverse Auflagen mit sich brachte. Der WDR fasst in einer Pressemitteilung zusammen: "Für jeden Drehtag wurde die Bewetterung (Zufuhr von Frischluft) maximiert, Gebiete mit schwankender Gaskonzentration waren tabu und Akkuwechsel durften nur über Tage erfolgen. Außerdem wurde das Team bei allen Aufnahmen von Mitgliedern der Grubenwehr, der 'Unter-Tage-Feuerwehr', begleitet – flankiert von Spezialisten, die den Gasgehalt der Umgebungsluft regelmäßig mit Messgeräten kontrollierten."
WDR-Intendant Tom Buhrow erläutert den Gedanken hinter dem aufwändigen Projekt: "Das Virtual-Reality-Projekt lässt den Bergbau auch für nachfolgende Generationen weiterleben. Ich bin froh, dass wir mit dieser Technologie den Menschen ein Stück Ruhrgebietsgeschichte näherbringen können." WDR-2-Moderatorin Sabine Heinrich, die in «Bergwerk 360° VR» zu hören ist, hat eine persönliche Bindung zu dem Thema und ergänzt: "Mein Besuch im «Bergwerk 360° VR» war eine sehr persönliche und emotionale Erfahrung. Noch einmal den Arbeitsplatz meines Opas zu besuchen, hat mich unverhofft berührt, und ich hatte plötzlich echt 'Pippi inne Augen' und den tiefen Wunsch, ihm das auch nochmal zu zeigen. Glückauf!"
Die Premiere feierte das Projekt auf Prosper-Haniel, jedoch geht «Bergwerk 360° VR» auf Tour und macht unter anderem auf der Gamescom in Köln, der Internationalen Funkausstellung in Berlin und beim NRW-Tag in Essen Halt. Geplant ist außerdem, die VR-Erfahrung mittels eines Trucks an Schulen, Museen und öffentliche Plätze in NRW zu bringen, um das Stück digitalisierter NRW-Zeitgeschichte vielen Wissbegierigen anbieten zu können. Zudem kann «Bergwerk 360° VR»
im Netz erlebt werden, in einer Version, die keine VR-Brille benötigt.
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